Nach einem Vortrag auf einer Vertriebstagung streife ich durch das schöne Salzburg. Komme an dem kleinen süßen Morzartkino vorbei. Und beschließe spontan in den aktuellen Freud-Film mit Anthony Hopkins zu gehen.
Ich bin mit Sigmund Freud definitiv nicht in allen Dingen einer Meinung: wenn in den ersten drei Monaten Deiner Therapie nichts passiert, brauchst Du auch Deine Psychoanalyse nicht noch Jahre zu Ende führen.
Freud hat jedoch tatsächlich die erste einigermaßen fundierte Abhandlung über Humor geschrieben: Der Witz und seine Beziehung zum Unbewussten. Natürlich machen Alkoholiker Alkoholwitze und Menschen ohne Sex Sex-Witze. Das deckt sicher einen Teil unseres Humorerlebens ab und trifft auf so manchen abgehalfterten Comedian zu. Aber Freud war eben Experte für Krankheit und nicht für Gesundheit.
Freud hat jedoch auch die Übertragung und Gegenübertragung beschrieben, seine Tochter Anna Freud die Abwehrmechanismen und die Wendung gegen die eigene Person. Das sind heute wichtige Tools für Therapie und Coaching.
Auch wenn ich in Coaching und Therapie immer eine Freundin von kurzen Interventionen, paradoxen Empfehlungen und Watzlawiks Kurzzeittherapien bleiben werde.
Dr. Charlotte Cordes und Dr. E. Noni Hoefner vom Deutschen Institut für Provokative Therapie haben hinreichend bewiesen, wie viel sich durch liebevolle Provokationen in kürzester Zeit bewegen lässt und wie befreiend das Lachen über ein langjähriges Problem sein kann.
Mein Lieblingsösterreicher bleibt jedoch Viktor Frankl, der sagte: „Es gibt kaum etwas im menschlichen Dasein, das dem Menschen so sehr und in einem solchen Ausmaß ermöglicht, Distanz zu gewinnen, wie der Humor.“
Ich ergänze Frankl immer gern, denn ein Schmunzeln, Leichtigkeit, Heiterkeit und Humor stellen auch am schnellsten Nähe zwischen Menschen her. Auch wenn es sicher viele andere Dinge gibt, die Verbindungen zwischen uns Menschen herstellen, nur eben langsamer.
Viktor Frankl sollten meiner Meinung nach mehr Menschen kennen als Sigmund Freud. Er lebte von 1905 bis 1997.
Er war Dr. med. et Dr. phil., also ein österreichischer Neurologe und Psychiater, Professor für Logotherapie an der Universität San Diego.
Er verlor seine gesamte Familie im Konzentrationslager. Und führte trotzdem (und vermutlich auch deswegen) ein ermutigendenes und produktives Leben. Er schrieb in seinem lesenswerten Buch „Ärztliche Seelsorge“ (nur für Mediziner und so bekloppte Vielleser wie mich geeignet, sonst zu viel Details für alle anderen Berufsgruppen) darüber, dass er sich im KZ regelmäßig mit anderen Insassen traf, um Witze zu erzählen. Um in dieser menschenverachtenden Situation nicht wahnsinnig zu werden.
Viele Menschen (mich eingeschlossen) werden schon bei viel weniger wahnsinnig. Mich macht seine Biographie immer sehr demütig. Und bescheiden, ob der Dinge über die ich mich beschweren müsste.