Ritter Sport und die Leichtigkeit

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Humor schafft Vertrautheit zwischen Menschen

Wie zahlreiche Manager beschäftige auch ich mich viel mit Führung, mit Leadership. Meine persönliche Erfahrung mit Humor im Management ist super: wenn man ihn denn richtig einsetzt. Im Alltag heißt das bei uns Lockerheit in Meetings zuzulassen und zu fördern. Die Stimmung entspannen zu können, damit Mitarbeitende performen können. Humor schafft Vertrautheit zwischen Menschen. Auf der anderen Seite kann ein Witz an der falschen Stelle, oder ein kulturell unpassender Witz, auch einiges kaputt machen. Humor kann Probleme auch weglachen. Dann wird etwas weggedeckelt. In einem Unternehmen kann Humor zynisch werden über Probleme, die nicht verändert werden. Das halte ich für sehr gefährlich.

Humor ist hierarchielos, er verbindet oder untermauert Hierarchien. Das ist spannend zu unterscheiden. Humor heißt für mich vor allem Haltung. Humor heißt für mich menschlich zu sein. Ich bin als Führungskraft so wie ich auch privat bin. Alles andere wäre für mich viel zu anstrengend und für unsere Mitarbeitenden demotivierend. Humor ist wie viele Dinge für mich ein Werkzeugkasten: eine Bohrmaschine ist gut zum Löcher bohren. Man kann damit aber nur schlecht einen Nagel in die Wand bekommen.

Im Alltag erlebe ich immer wieder Situations- komik. Hier bei Ritter Sport nimmt sich keiner zu ernst. Situationskomik erfreut uns immer wieder. Hier bei uns sind alle ein bisschen verrückt. Ritter Sport hat bereits in den 70er Jahren in einem Fernsehspot gezeigt, also in der Zeit, in der wir als Marke bekannt geworden sind, wie eine ältere Dame sich die dunklen Biedermeier-Stühle gelb anmalt. Jede Schokoladen-Sorte bekam bei uns eine eigene Farbe. Unser humorvoller Auftritt ist Teil unserer Marke. Natürlich sind wir ein leichteres Lebensmittel, wir sind kein ernstes Produkt. Trotzdem arbeiten wir sehr fleißig und mit schwäbischer Genauigkeit. Seit vielen Jahren können wir nun mit unseren Fans interagieren: „Liebe auf den ersten Knick“, „Marzipanik“, ein Currywurst-Bild aus Mini-Ritter Sport und drüber steht: „Nix gegen Curry- wurst, aber dieser Imbiss hat auch was.“ Viele Tafeln auf einem Plakat. Drüber steht: „Unser Beitrag gegen ein- seitige Ernährung.“

Wir haben uns an vielen Stellen gegen das Gießkannenprinzip und für sehr gezielte Werbung ent- schieden. Wenn ein Konzern 200 Mio. für Marketing als Geiz ist geil ausgeben kann, hat auch jeder die Werbung gesehen. Als Mittelständler kann man mit 30Mio. für Fernsehwerbung im Gießkannenprinzip weniger erreichen. Dagegen funktionieren großformatige Plakatmotive an Bahnhöfen wiederum sehr gut. „Wir verschönern Stuttgart 21“ hängt am Stuttgarter Bahnhof. Eine Schokoladenskyline prägt Frankfurt. Die Kunden bzw. Fans dürfen über ihr Lieblingsplakat abstimmen. Unsere Kunden dürfen auch Limited Editions entwickeln und manchmal entsteht tatsächlich eine Einhorn-Schokolade. Selbst Fake-Marken haben unsere Fans erfunden: Rollmops-Aspirin. Ritter Sport Mett. Nein, natürlich ist das keine Sonderedition geworden. Anstatt den Verbrauchern das zu verbieten, haben wir einen Editor zur Verfügung gestellt, in dem jeder eine neue Sorte entwickeln kann. Das wird von den Fans gerne angenommen und selten missbraucht. Die „Braune Nuss“ oder „Nazipanik“ haben wir allerdings untersagt. Wir sind seit ca. 15 Jahren eine Dialogmarke und damit sehr erfolgreich. Nur unsere Aktivität in Punkto Nachhaltig- keit darf noch deutlich bekannter werden. Wir haben eine eigene Kakao-Farm, und engagieren uns schon lange für Nachhaltigkeit. Als Mittelständler können wir seit vielen Jahren gut mit den großen Playern und der Konkurrenz mithalten. Wir dürfen stolz von einer gestützten und ungestützten Markenbekanntheit von 98 % sprechen. Da hat das Freche und Verrückte natürlich seinen Anteil.

Für mich ist Humor eine Lebenseinstellung. Ich muss mich bei aller Verantwortung auch nicht immer zu wichtig nehmen. Nicht nur mein Weg als Führungskraft ist der Richtige. Ich muss weder immer alles perfekt machen, noch mich zu ernst nehmen. Gemeinsam lachen möchte ich nicht nur zu Hause, sondern auch im Job. Das schafft hier bei uns Gemeinschaft und Zusammenhalt.

Andreas Ronken

CEO Alfred Ritter GmbH & Co KG Waldenbuch, Deutschland

Auszug aus dem Buch „Humor ist Chefsache“ von Eva Ullmann, 2023 in 2. Auflage